Mit großer Sorge verfolgen die Lehrkräfte an den bayerischen Schulen momentan die Pläne des Kultusministeriums für die begleitete Selbsttestung von Schülerinnen und Schülern an den Schulen. Unter fragwürdigsten hygienischen Bedingungen sollen Lehrkräfte ohne Unterstützung durch medizinisches Personal bei einem Klassenverband von beispielsweise 25 Schülern einen Corona-Selbsttest mit Kindern ab 6 Jahren durchführen. Wofür im Testzentrum eine Horde von Fachkräften mit Schutzanzügen, FFP2-Masken und Plexiglasschildern ausgestattet ist, muss in der Schule eine einfache, blaue „OP-Maske“ reichen, die die Lehrkraft bei der Beaufsichtigung der Testung tragen soll. Die Konsequenzen und Risiken bei einer solchen Testung sind für das Lehrpersonal in den Augen der Schulleitungen und Kollegien, aber auch des Personalrates weder durchdacht noch tragbar. Lehrkräfte sind nun einmal kein medizinisches Fachpersonal, sie dürfen auf einer Klassenfahrt beispielsweise noch nicht einmal eine Zecke entfernen. Hier sollen sie dagegen bei einer kompletten Klasse einen invasiven medizinischen Test durchführen, bei dem sich Kinder mit einem Wattestäbchen ein Testsekret fachgerecht aus der Nase entnehmen sollen….?!
Was passiert, wenn ein Kind sich bei einem solchen Test verletzt, kollabiert, einen Würgereiz bekommt o.ä.? Wer übernimmt hier die Verantwortung für die Folgen?
Wie sieht es mit dem Gesundheitsschutz der Schülerinnen und Schüler, aber auch der Lehrkräfte aus, wenn sich die Kinder gleichzeitig im Klassenzimmer ohne Maske eine Probe aus der Nase entnehmen? Bei einer positiven Testung wären alle Beteiligten zwangsläufig Kontaktperson 1 und müssten für zwei Wochen in Quarantäne, was beispielsweise bei einer vorherigen Testung der Kinder zu Hause hätte vermieden werden können: Unter Aufsicht der Eltern, die letztlich ohnehin die Verantwortung für die gesundheitlichen Belange ihrer Kinder tragen.
Aber auch der Datenschutz spielt in dieser Diskussion eine gravierende Rolle: Bei einer Testung im Klassenverband ist es kaum zu vermeiden, dass ein positiver Befund automatisch und unmittelbar die Runde macht und mit Hilfe der sozialen Medien auch schnell zum „Ortsgespräch“ werden kann. Eine schwerwiegende Verletzung des informellen Selbstbestimmungsrechts – von der damit verbundenen Stigmatisierung des Schülers ganz zu schweigen.
Vor dem Hintergrund der nach wie vor äußerst schleppend vorankommenden Impfungen der Lehrkräfte wird hier eine weitere hochbrisante Situation geschaffen, die für alle (aktiv) Beteiligten ein enormes Gefahrenpotential mit sich bringt.
Die Lehrerverbände und insbesondere der BLLV fordern seit Beginn der Pandemie einen umfassenden Gesundheitsschutz an den Schulen durch konsequente und konzertierte Umsetzung von Test-, Impf- und Hygienekonzepten unter Einbeziehung von medizinischem Fachpersonal. Das Testen unter fragwürdigen organisatorischen und hygienischen Bedingungen an den Schulen scheint mir hier nicht der geeignete Weg aus dem „Coronatunnel“ zu sein!
Thomas Cimander, Personalratsvorsitzender für die Grund- und Mittelschulen im Landkreis Würzburg und stellvertretender Vorsitzender im BLLV-Kreisverband Würzburg-Land.